Auf der Terrasse, es ist schon spät, aber die Temperaturen laden dazu ein, noch ein bisschen zu verweilen – ein langer Tag liegt hinter mir. Ich freue mich auf den Urlaub, bald geht es los. Manche Dinge habe ich schon für den Koffer zusammengesucht: Das schwarzgrüne Lieblingsshirt muss unbedingt mit, die bequeme Hose und auch das Würfelspiel …

Die Sommerferien sind für viele von uns eine besondere Zeit. Während die einen am Meer oder in den Bergen entspannen, lassen es sich die anderen zu Hause gut gehen.
Einige Besucherinnen und Besucher in der Werkstatt Bibel in Dortmund erzählen uns, dass sie besonders in der Urlaubszeit gerne zur Bibel greifen: „Da habe ich endlich mal genug Zeit.“ „Im Urlaub lese ich die Bibel mit ganz anderen Augen. Ein besonderes Erlebnis: Psalm 23,2 in einer mir fremden Übersetzung. ‚Er bringt mich auf saftige Weiden, lässt mich ruhen am frischen Wasser.‘ Dieses Ruhen habe ich so nicht nur das erstmal im Text wahrgenommen, sondern auch konkret in den nächsten Tagen erlebt.“ „Die Bibel lesen und der Welt Gottes begegnen, das gelingt mir im normalen Alltag oft nicht.“

Die Bibel lesen – und einer „anderen“ Welt begegnen. Sie erzählt uns die Geschichte Gottes mit den Menschen. Nicht wir stellen uns Gott vor, sondern: Gott stellt sich uns vor. So hören wir in der Bibel von unterschiedlichen Menschen, die das Handeln eines Gottes erleben, der sie anspricht, der mit ihnen etwas vorhat und der sie auf ihrem Lebensweg begleitet.
Und dieser Gott will auch heute noch durch die Bibel zu uns sprechen. Karl Barth hat einmal gesagt: „Wir werden in der Bibel immer gerade so viel finden, als wir suchen. Großes und Göttliches, wenn wir Großes und Göttliches suchen: Wichtiges und Historisches, wenn wir Wichtiges und Historisches suchen; überhaupt nichts, wenn wir überhaupt nichts suchen. Die Hungernden werden an ihr satt und den Satten ist sie verleidet, bevor sie sie aufgeschlagen haben.“ Und so geht es beim Lesen der Bibel immer auch um mich persönlich: Was suche ich in der Bibel? Bin ich bereit mich auf diesen Gott und seine Welt einzulassen? Vertraue ich darauf, dass dieser Gott auch mir die Hand reicht und dabei hilft, dass mein Leben „gelingt“?

Die Bibel lesen – und dabei Neues ausprobieren. „Ich habe im Urlaub das komplette Lukasevangelium am Stück gelesen, wie ein Roman – das ist ganz anders, als wenn man nur einzelne Geschichten liest.“ „Wer war eigentlich der Prophet Elia? Ich wollte es genau wissen und habe auf Sylt neben der biblischen Geschichte erstmals auch noch einen Kommentar gelesen.“ „Mich faszinieren schon lange Maria und Martha. In den Ferien habe ich dann zu Hause in meinem kleinen Atelier ein Bild zu dieser Geschichte gemalt.“ „Wir fahren zwei Wochen weg. In dieser Zeit beschäftige ich mich nur mit einem einzigen Psalm – und der wird immer und immer wieder gelesen, mal am Stück, mal nur einzelne Worte und Verse.“ Einige Gäste der Werkstatt Bibel berichten fröhlich von ihren Ferienerlebnissen mit der Heiligen Schrift. Dabei wird schnell deutlich: Es gibt viele kreative Möglichkeiten, der Bibel zu begegnen. Das motiviert andere Gäste, die bisher kaum Kontakt mit der Bibel hatten. „Bibellesen in den Ferien? Das probiere ich aus, vielleicht sogar mit dem E-Book am Pool.“ In der Urlaubszeit wird gerne experimentiert.

… ja, ich freue mich auf die Sommerferien. Abschalten und zur Ruhe kommen. Sport machen, etwas Lesen. Ich verlasse die Terrasse und gehe zum Bücherregal. Ich bleibe an meiner Bibel hängen, ziehe das Buch heraus und beginne darin zu blättern. Dabei fällt ein kleines Kärtchen heraus, ich muss es irgendwann einmal geschenkt bekommen haben. Darauf ist das Wort aus Psalm 119,18 zu lesen: „Öffne mir die Augen, dass ich sehe die Wunder an deinem Gesetz.“ Wenig später ist der Stapel vor dem Koffer noch ein Stück größer. Die Bibel kommt mit … Jetzt aber ab ins Bett, bis zum Urlaub sind es noch ein paar Tage.

P.S.: Dieser Artikel wurde erstmals veröffentlicht in UNSERE KIRCHE, die Evangelische Zeitung für Westfalen und Lippe, Ausgabe Nr. 28.