Immer öfter und schon fast ausschließlich höre ich in Gottesdiensten während der Gebete die Anrede Gottes in der Form: „Guter Gott“. Das scheint der neue Standard zu sein. Ich zucke jedes mal etwas zusammen, wenn ich es höre. Guter Gott – ist das der liebe Gott für Erwachsene? Meine Liebste rede ich allerdings auch als Erwachsener eher noch mit „liebe …“ als mit „gute …“ an.

Überhaupt: Zu wem sage ich eigentlich sonst: „gute Frau“ oder „guter Mann“? Nach inniger Beziehung klingt das für mich jedenfalls nicht.

Warum sagen wir in Gottesdiensten fast nur noch „guter Gott“? Drücken wir damit vielleicht sogar eine Beziehungslosigkeit oder Beziehungskrise aus? Wissen wir noch, wen wir da anreden, oder ist es nur noch eine Floskel, eine allgemeine Anrede an das Transzendente?

„Du bist, wie du bist: Schön sind deine Namen. Halleluja. Amen.“ So lautet der Refrain eines Kirchenliedes, im EG für Westfalen unter der Nummer 664. Davon ist in der gottesdienstlichen Gebetspraxis nicht mehr viel zu finden. Von all den schönen Namen bleibt nur: „Guter Gott!“

Wenn der Glaube eine Liebesbeziehung zwischen Gott und Mensch ist, dann müsste das doch auch in der Anrede spürbar werden. Im „Unser Vater“ machen wir es doch auch noch anders. Oder im Advent: „Ewig Vater – Friedefürst“.

Gott begegnet uns als „Du“, als gegenüber, als liebender, nachgehender, kreativer Gott. Er begegnet uns als Jesus Christus, als Heiliger Geist. Er ist für uns „eine feste Burg“, der, „der den Himmel lenkt“. Der, „der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn“, der „meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg“ ist, sollten wir den nicht auch so anreden, dass schon in der Anrede etwas von dieser lebensnotwendigen Beziehung deutlich wird?